Ihr fiel ein, was ihr eine Frau in Paris erzählt hatte. Eine Frau Mitte vierzig, mehrfach geschieden, elegant, ein wenig weltmüde. „Nichts ist leichter, als einen Mann zu einem Kuss zu verführen“, hatte diese Frau behauptet. „Ach, wirklich? Und wie macht man das?“, hatte Eva gefragt. „Man muss nur dicht bei ihm stehen, sehr dicht, so dicht es geht, ohne ihn zu berühren – und er wird Sie küssen, umgehend. Es funktioniert immer. Für Männer ist das wie ein Instinkt. Sie können nichts dagegen tun.“
Also stellte sich Eva im Ladeneingang auf der verdunkelten Frith Street dicht neben Romer, während er den vorbeifahrenden Autos zubrüllte und –winkte, in der Hoffnung, es könnte ein Taxi darunter sein.
„Wir haben einfach kein Glück“, sagte er, drehte sich zu ihr um und stellte fest, dass Eva sehr dicht neben ihm stand und zu ihm aufblickte.
„Ich hab es nicht eilig“, sagte sie.
Er griff nach ihr und küsste sie.
William Boyd. Ruhelos.
Dieses Buch ist wirklich wunderbar und ich empfehle jedem es zu lesen.
Die erste Seite:
Wenn ich als Kind frech war, widersprach oder mich irgendwie schlecht benahm, wies mich meine Mutter zurecht, indem sie sagte: "Eines Tages kommt jemand und bringt mich um. Dann wird es dir leid tun." Oder: "Sie kommen aus heiterem Himmel und holen mich ab – was sagst du dann?" Oder: "Eines Morgens wachst du auf, und ich bin weg. Einfach verschwunden. Wart's nur ab!"
Es ist merkwürdig, aber man denkt nicht ernsthaft nach über diese Drohungen, wenn man jung ist. Doch wenn ich heute auf die Ereignisse des Sommers 1976 zurückblicke, als England unter einer nicht enden wollenden Hitzewelle ächzte und stöhnte, weiß ich genau, wovon meine Mutter sprach: Heute kenne ich die dunkle Unterströmung aus Angst unter der glatten Oberfläche ihres Alltags, die auch nach vielen Jahren friedlichen Dahinlebens nicht versiegte. Heute weiß ich, dass sie ständig Angst hatte, umgebracht zu werden. Und das aus gutem Grund.
Es ist merkwürdig, aber man denkt nicht ernsthaft nach über diese Drohungen, wenn man jung ist. Doch wenn ich heute auf die Ereignisse des Sommers 1976 zurückblicke, als England unter einer nicht enden wollenden Hitzewelle ächzte und stöhnte, weiß ich genau, wovon meine Mutter sprach: Heute kenne ich die dunkle Unterströmung aus Angst unter der glatten Oberfläche ihres Alltags, die auch nach vielen Jahren friedlichen Dahinlebens nicht versiegte. Heute weiß ich, dass sie ständig Angst hatte, umgebracht zu werden. Und das aus gutem Grund.
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